Freitag, 12. Juni 2020

Pressemitteilung vom 12.06.2020 - Widersprüchliche Gutachten - 400 Unterlagenseiten


Widersprüchliche Gutachten und eine 400-seitige Beschlussvorlage
Drei Tage vor der Magistratssitzung und nur wenige Tage vor der Bauausschusssitzung wurden den ehrenamtlichen Mandatsträgern die umfangreichen Unterlagen für den Satzungsbeschluss zum Bebauungsplan am ehemaligen Singalumnat in Laubach zur Verfügung gestellt.
„Die Terminverschiebungen der Bauausschusssitzung und die späte Zustellung bzw. Veröffentlichung der 400-seitigen Unterlagen, machen eine seriöse Vorbereitung und Abwägung unmöglich“, erklärt Andreas Wenig, Vorsitzender des Vereins Lebenswertes Laubach e.V. und Sprecher der Anwohner gegen das Bauvorhaben. Dabei seien die meisten Unterlagen schon lange fertig und hätten schon vor Wochen veröffentlicht werden können.
Vor genau einem Jahr, am 13. Juni 2019, wurde der Aufstellungsbeschluss über den Bebauungsplan gefasst. „Seit Monaten verhandelt Bürgermeister Klug über einen Durchführungsvertrag, der am Ende die Interessen der Baugesellschaft mehr berücksichtigt als die unserer Stadt und uns Anwohner“, so Wenig weiter über das miserable Verhandlungsergebnis des scheidenden Bürgermeisters.

Kein Entgegenkommen
Während der öffentlichen Auslegung der Planunterlagen vor 6 Monaten sind zahlreiche Einwendungen von 42 Bürgerinnen und Bürgern eingegangen. Die Einwendungen betreffen u.a. Größe und Höhe der Gebäude, Kubatur, zu große Verdichtung, Anzahl der Wohnungen und einen zu geringen Stellplatzschlüssel. In den ausgelegten Plänen war vorgesehen, dass sich die Zahl der Stellplätze an der aktuellen Stellplatzsatzung der Stadt Laubach orientieren soll. Da aber die Stellplatzsatzung mit einem Stellplatzschlüssel von 1,75 Stellplätzen aufgehoben wurde, legt der Planentwurf keine Stellplätze fest. Lediglich im Durchführungsvertrag sind bis zu 1,4 Stellplätze pro Wohneinheit vorgesehen. „Das ist viel zu niedrig, wir haben 1,75 Stellplätze gefordert, um Parkplatznot in den Straßen des Musikerviertels zu verhindern. Andererseits ergibt eine Vereinbarung über die Stellplätze im Durchführungsvertrag keinen Sinn, da dieser kein Bestandteil des Bebauungsplanes ist. Es war von Anfang an zu erkennen, dass die Baugesellschaft mit allen Mitteln die Festlegung einer angemessenen Zahl an Stellplätzen verhindert“, beanstandet Wenig.
Hinsichtlich der Verdichtung enthalten die Planunterlagen nun eine Grundflächenzahl von 0,3 statt 0,4. Das haben die Anwohner auch so gefordert. Gleichzeitig wurde die zulässige Überschreitung für Stellplätze, Wege und Nebenanlagen von 50% auf 100% erhöht. Im Ergebnis ist das keine Verbesserung, da in beiden Fällen 60% der Gesamtfläche versiegelt werden. „Das ist Augenwischerei. Für uns zeigt sich wieder, dass kein einziger unserer Kritikpunkte berücksichtigt wurde und durch Tricks in der Ausgestaltung nur scheinbare Änderungen vorgenommen wurden. Bei genauer Betrachtung gibt es keine Verbesserungen“, fasst Vorstandsmitglied, Elvira Pesch, zusammen.

Zwei widersprüchliche Gutachten
Brisanz sieht Wenig in den beiden Gutachten über den Bebauungsplan. Beide Gutachten hat die Stadt Laubach in Auftrag gegeben. Auf der einen Seite das Gutachten des Hessischen Städte- und Gemeindebundes vom Dezember 2019, das die meisten Kritikpunkte der Anwohner bestätigt. Zum Beispiel empfehle das Gutachten eine genauere Betrachtung der optischen Wirkung auf Nachbargrundstücke, werfe Fragen hinsichtlich der Abwägungsgerechtigkeit auf und weise ausdrücklich darauf hin, ausreichend Stellplätze auf dem Baugrundstück zur Verfügung zu stellen. Ganz anders das zweite Gutachten der Kanzlei KLN aus Gießen von Anfang Juni 2020, das dem HSGB-Gutachten in wesentlichen Punkten des Bauplanungsrechts widerspricht.
„Uns bleibt keine andere Wahl als direkt nach einem Satzungsbeschluss die Einlegung von Rechtsmitteln zu prüfen“, sagt Wenig. Den Sitzungsunterlagen ist zu entnehmen, dass der Bürgermeister mit einer Klage der Anwohner rechnet. Der Durchführungsvertrag sieht eine Prozesskostenbeteiligung durch die Baugesellschaft vor. Diese ist auf 5.000 Euro begrenzt. Wenig: „Das ist viel zu niedrig. Sollte die Stadt bei einer Normenkontrollklage unterliegen, bleibt sie auf viel höheren Kosten sitzen. Mir ist nicht verständlich, dass Bürgermeister Klug es nach so langen Verhandlungen über ein 10-Millionen-Projekt keinen kostendeckenden Betrag durchsetzen kann.“

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