Widersprüchliche
Gutachten und eine 400-seitige Beschlussvorlage
Drei Tage vor der Magistratssitzung und nur wenige
Tage vor der Bauausschusssitzung wurden den ehrenamtlichen Mandatsträgern die umfangreichen
Unterlagen für den Satzungsbeschluss zum Bebauungsplan am ehemaligen
Singalumnat in Laubach zur Verfügung gestellt.
„Die Terminverschiebungen der Bauausschusssitzung und
die späte Zustellung bzw. Veröffentlichung der 400-seitigen Unterlagen, machen
eine seriöse Vorbereitung und Abwägung unmöglich“, erklärt Andreas Wenig, Vorsitzender
des Vereins Lebenswertes Laubach e.V. und Sprecher der Anwohner gegen das
Bauvorhaben. Dabei seien die meisten Unterlagen schon lange fertig und hätten
schon vor Wochen veröffentlicht werden können.
Vor genau einem Jahr, am 13. Juni 2019, wurde der
Aufstellungsbeschluss über den Bebauungsplan gefasst. „Seit Monaten verhandelt
Bürgermeister Klug über einen Durchführungsvertrag, der am Ende die Interessen
der Baugesellschaft mehr berücksichtigt als die unserer Stadt und uns
Anwohner“, so Wenig weiter über das miserable Verhandlungsergebnis des
scheidenden Bürgermeisters.
Kein
Entgegenkommen
Während der öffentlichen Auslegung der Planunterlagen
vor 6 Monaten sind zahlreiche Einwendungen von 42 Bürgerinnen und Bürgern
eingegangen. Die Einwendungen betreffen u.a. Größe und Höhe der Gebäude,
Kubatur, zu große Verdichtung, Anzahl der Wohnungen und einen zu geringen
Stellplatzschlüssel. In den ausgelegten Plänen war vorgesehen, dass sich die
Zahl der Stellplätze an der aktuellen Stellplatzsatzung der Stadt Laubach
orientieren soll. Da aber die Stellplatzsatzung mit einem Stellplatzschlüssel
von 1,75 Stellplätzen aufgehoben wurde, legt der Planentwurf keine Stellplätze
fest. Lediglich im Durchführungsvertrag sind bis zu 1,4 Stellplätze
pro Wohneinheit vorgesehen. „Das ist viel zu niedrig, wir haben 1,75
Stellplätze gefordert, um Parkplatznot in den Straßen des Musikerviertels zu
verhindern. Andererseits ergibt eine Vereinbarung über die Stellplätze im
Durchführungsvertrag keinen Sinn, da dieser kein Bestandteil des
Bebauungsplanes ist. Es war von Anfang an zu erkennen, dass die Baugesellschaft
mit allen Mitteln die Festlegung einer angemessenen Zahl an Stellplätzen verhindert“,
beanstandet Wenig.
Hinsichtlich der Verdichtung enthalten die
Planunterlagen nun eine Grundflächenzahl von 0,3 statt 0,4. Das haben die
Anwohner auch so gefordert. Gleichzeitig wurde die zulässige Überschreitung für
Stellplätze, Wege und Nebenanlagen von 50% auf 100% erhöht. Im Ergebnis ist das
keine Verbesserung, da in beiden Fällen 60% der Gesamtfläche versiegelt werden.
„Das ist Augenwischerei. Für uns zeigt sich wieder, dass kein einziger unserer
Kritikpunkte berücksichtigt wurde und durch Tricks in der Ausgestaltung nur scheinbare
Änderungen vorgenommen wurden. Bei genauer Betrachtung gibt es keine
Verbesserungen“, fasst Vorstandsmitglied, Elvira Pesch, zusammen.
Zwei widersprüchliche
Gutachten
Brisanz sieht Wenig in den beiden Gutachten über den
Bebauungsplan. Beide Gutachten hat die Stadt Laubach in Auftrag gegeben. Auf der einen Seite das Gutachten des
Hessischen Städte- und Gemeindebundes vom Dezember 2019, das die meisten
Kritikpunkte der Anwohner bestätigt. Zum Beispiel empfehle das Gutachten eine
genauere Betrachtung der optischen Wirkung auf Nachbargrundstücke, werfe Fragen
hinsichtlich der Abwägungsgerechtigkeit auf und weise ausdrücklich darauf hin,
ausreichend Stellplätze auf dem Baugrundstück zur Verfügung zu stellen. Ganz
anders das zweite Gutachten der Kanzlei KLN aus Gießen von Anfang Juni 2020,
das dem HSGB-Gutachten in wesentlichen Punkten des Bauplanungsrechts widerspricht.
„Uns bleibt keine andere Wahl als direkt nach einem
Satzungsbeschluss die Einlegung von Rechtsmitteln zu prüfen“, sagt Wenig. Den
Sitzungsunterlagen ist zu entnehmen, dass der Bürgermeister mit einer Klage der
Anwohner rechnet. Der Durchführungsvertrag sieht eine Prozesskostenbeteiligung
durch die Baugesellschaft vor. Diese ist auf 5.000 Euro begrenzt. Wenig: „Das
ist viel zu niedrig. Sollte die Stadt bei einer Normenkontrollklage
unterliegen, bleibt sie auf viel höheren Kosten sitzen. Mir ist nicht
verständlich, dass Bürgermeister Klug es nach so langen Verhandlungen über ein 10-Millionen-Projekt
keinen kostendeckenden Betrag durchsetzen kann.“
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